Endlich ist es soweit: Die kommunalen Gewinnerinnen der Q4/2022-Challenge stehen fest!
Wir wollten wissen, wie Städte und Gemeinden den finanziell weniger gut gestellten BürgerInnen im Bereich PV weiterhelfen, um die Energiewende sozial gerecht zu beschleunigen. Alle Kommunen waren aufgefordert, in einem Fragebogen die vier folgenden Fragen beantworten:
- Welche Fördermaßnahmen hat Ihre Kommune bereits definiert, beschlossen oder umgesetzt, um einkommensschwachen Familien zu PV-Strom zu verhelfen und so die Energiewende voranzutreiben?
- Welche Maßnahmen ergreift Ihre Kommune im kommunalen/ sozialen/ genossenschaftlichen Wohnungsbau zum Ausbau der Photovoltaik?
- Falls bereits Maßnahmen umgesetzt wurden, welche positiven Erfahrungen und messbaren Ergebnisse wurden erreicht?
- Welche Hemmnisse sehen Sie und wie könnten diese überwunden werden?
Zurück kamen tolle Informationen aus folgenden Städten:
- Pullach i. Isartal
- Göttingen
- Karlsruhe
- Jena
- Höhenkirchen-Siegertsbrunn
- Moosburg
- Herne
- Darmstadt
- Lippstadt
- Geseke
- Ulm
Unsere Jury hat dankenswerterweise die Fragebögen der teilnehmenden Kommunen sorgfältig ausgewertet. Demnach konnten sich folgende Städte als Spitzenreiter platzieren:
- Darmstadt
- Göttingen
- Ulm
Darmstadt, Göttingen und Ulm erhielten in Sachen Maßnahmenkatalog und Unterstützung die höchste Punktzahl. Hipp-Hipp-Hurrah! Wir gratulieren sehr herzlich! Wattbewerb übergibt den Gewinner-Kommunen je ein wertvolles 750Wp-Balkonkraftwerk zur Weitergabe an passende BürgerInnen, z.B. Familien. Alle Kommunen werden nun zeitnah kontaktiert, um Termine und weitere Details betreffend der Preisübergabe zu besprechen.
Vor allem aber bedanken wir uns bei allen Kommunen, die mitgemacht haben, und die sich damit auch einer Vergleichbarkeit gegenüber anderen Kommunen stellen.
Im Folgenden beleuchten wir einige Highlights. Im Text verlinken wir jeweils deren ausgefüllte Fragebögen und ermöglichen so direkte Einblicke in alle Details und ggf. auch Rückfragen an die Kommunen selbst.
Göttingen gewinnt bestplatziert einen Award – und das hängt für Jury und Wattbewerb entscheidend mit der Entschlossenheit der Verwaltung zusammen, bei der Förderung von Balkonkraftwerken (BKW) für schwächere Familien nicht zu kleckern, sondern zu klotzen. Mindestens 360 € pro Balkonkraftwerk ohne Fördertopfgrenze! So geht Energiewende in die Breite und zeigt sich an immer mehr Balkonen der niedersächsischen Uni-Metropole. Das macht NachbarInnen aufmerksam, weckt den sportlichen Ehrgeiz und sie ziehen mit. Herzlichen Dank fürs Mitmachen nach Göttingen und Glückwunsch von Wattbewerb – wir sehen uns zur Award-Übergabe.
Ebenso eindrucksvoll bringt Darmstadt ihre Förderung von Balkonkraftwerken für Einkommensschwächere an den Start. Ihr Förderprogramm unterstützt sinnvoll gedeckelt mit 50% der Kosten und setzte so unterdessen den Einbau von 2600kWp aufs Gleis. Besonders cool: Bei einem Eigenanteil von 75 € finanziert Darmstadt auch die Installation, umgesetzt durch die CARITAS sowie die lokale Initiative heiner*energie. Nicht nur die Jury wählte diesen Vorschlag an die Spitze, auch in Augen von Wattbewerb bindet diese Umsetzung vorbildlich bürgerliche Kräfte in eine tolle Maßnahme ein. Die Stadt kommuniziert darüber hinaus vorbildlich mit ihrer Bürgerschaft , um alle zu erreichen. Herzlichen Glückwunsch und herzlichen Dank nach Darmstadt.
Viel Begeisterung kommt aus Ulm, wo wir den 3. Award verleihen dürfen, rund um die Förderung von BKWs. Auch Ulm fördert prädikat ungedeckelt – sehr schön! Wir freuen uns, denn ungedeckelte Förderung beschleunigt auf dem Weg in Richtung Energiewende. In Ulm genügt übrigens die Vorlage der Rechnung und der Eintrag ins Marktstammdatenregister – das hält den Aufwand klein. Die 2020 umgesetzte städtische PV-Pflicht bringt viel Geländegewinn auf den Dach- und Fassadenflächen. Wir bedanken uns sehr herzlich für das Engagement aus Ulm und freuen uns auf ein Wiedersehen zur Award-Übergabe in Ulm.
Karlsruhe setzte versiert und professionell ein Pilotprojekt für einkommensschwache Familien auf und so kamen kurzerhand 50 Balkonmodule ans Netz. Wir bitten Karlsruhe, das Projekt ungedeckelt weiterlaufen zu lassen. Auch für große Dachanlagen läßt sich Karlsruhe nicht lumpen mit einem 100 Dächer-Programm für die stadteigene Volkswohnung. Damit erreichte die Stadt einen zusätzlichen Zubau von ca. 2.000 kWp.
Jena schrammt denkbar knapp an einem Award vorbei und dabei kreiert mit ihrer pfiffigen Art der Förderstrategie ein Sahnehäubchen in der Energiewende Deutschlands. Die Stadt in Thüringen nimmt einkommensschwache Haushalte ins PV-Visier und unterstützt Kinderzuschlags-Empfänger, Sozialhilfeempfänger, Wohngeld und BAföG-Empfänger und viele weitere gezielt mit bis 600 €. Wir finden das Spitze und bedanken uns für diesen tollen Ansatz. Vor allem bitten wir um weitere Beiträge, das riecht nach einem baldigen Award bei Wattbewerb.
Lippstadt zapft einen NRW-Fördertopf von 40 Millionen € an und fördert damit 250 Balkonkraftwerke mit je 200 €. Sehr vorbildlich erscheint uns die Strategie, Sammelbestellungen mit Solarteuren abzusprechen, um größere Auftragsvolumen an den Start zu bekommen. Wir bedanken uns sehr herzlich für das Engagement aus Lippstadt.
Als Kleinstadt mit 20.000 EinwohnerInnen fördert Geseke bis zu 75 Haushalte mit 200 €, wenn ein Balkonkraftwerk ins Spiel kommt. Das wäre fast eine flächendeckende Maßnahme und wir warten gespannt auf die Info aus Geseke, ob die 75 Balkonkraftwerke Ende 2023 montiert sind. Eine solche Umsetzung wäre für uns eine Riesen-Sonder-Newsmeldung wert! Wir bedanken uns sehr herzlich für das Engagement aus Geseke.
Pullach bietet ihren BürgerInnen, die zur Miete wohnen, sagenhafte 350 € als Förderung für ein BKW an, und das freut uns wirklich außerordentlich. Durch den vereinfachten Verwaltungsaufwand erhalten die Menschen in Pullach auch sehr schnell die Fördergelder ausgezahlt. Interessant finden wir auch die Entscheidung der Kommune, ihre öffentlichen Dächer an eine Tochtergesellschaft zu verpachten, um damit schneller flächendeckend PV auf den Dächern zu bekommen.
Das Mittelfeld der Einsendungen der Kommunen liegt denkbar knapp nebeneinander, und so hat es für Moosburg leider dieses Mal nicht zum Award gereicht. Die Isarstadt fördert BKWs für alle BürgerInnen mit respektablen 200 €. Ersteller größerer PV-Systeme erhalten 110 € pro installiertem Kilowattpeak. Das kommunale Förderprogramm unterstützt auf dem Weg zur energetischen Umrüstung mit 30 € pro Gebäude Solarchecks.
Mit 250 € bringt die westphälische Großstadt Herne 40 BKWs auf die Balkone, allerdings gezielt für Zwei- oder Mehrfamilienhäuser. Besitzer von Einfamilienhäusern können hier nicht profitieren. Damit unterstreicht die Ruhrgebietsmetropole als eine der am dichtesten besiedelte Kommune Deutschlands den sozialgesellschaftlichen Aspekt der Förderung.
Wenn die technischen Voraussetzungen erfüllt sind, läßt sich Höhenkirchen-Siegertsbrunn die Installation eines BKWs durch ihre BürgerInnen 150 € kosten und trifft den Nerv der Zeit vor Ort so gut, daß das Förderprogramm ruckzuck erschöpft war. Wir bitten um einen großzügigen Nachschlag und freuen uns über das tolle Engagement aus Oberbayern nahe München.
Missstände beseitigen – schnellen Ausbau ermöglichen – Stellschrauben für eine schnellere Energiewende
Neben angebotenen Fördermaßnahmen hatten wir die Kommunen auch um Informationen über Hemmnisse gebeten für eine Förderung von Haushalten mit geringen Einkommen. Alle auskunftgebenden Kommunen beklagen ähnliche Hindernisse und zeigen Stellschrauben auf, die eine schnellere Energiewende ermöglichen:
- Klare Richtlinien für Verwendung von Balkonkraftwerken in Mietsgebäuden aller Art. Alle Menschen brauchen ein Grundrecht, Strom mit einem Balkonkraftwerk für den Eigengebrauch zu erzeugen, egal ob auf Balkon oder Fassade. Unterdessen bieten viele Lieferanten PV-Leichtmodule zur Montage in den oberen Stockwerken an, die keine Einschränkungen infolge Unfallschutz mehr bekommen dürfen wie zB bei der Bauordnung in Thüringen.
- Deutschland braucht auf Bundesebene ein einfaches Mieterstrommodell, das VermieterInnen erlaubt, ihre Gebäude bis auf die Wohnungsebene herunter mit PV auszustatten. Eine solche Gesetzgebung muß den Verkauf von Strom aus Solaranlagen an MieterInnen ermöglichen, damit auch diese umweltfreundlich erzeugte Energie zu günstigen Preisen nutzen können.
- Zahlreiche weitere Gesetze und Regelungen aus den letzten Regierungsperioden blockieren die Energiewende im Detail und sollten dringend technologieoffen reformiert werden.
Nochmals ein herzliches Dankeschön an unsere Jury, die die eingesandten Dokumente auf Herz und Nieren, und vor allem auf PV-Wumms geprüft und bewertet hat:
Regina Schmidt-Kühner, Stellvertretende Vorsitzende der NaturFreunde Deutschlands. Stefan Krauter, Professor und Unternehmer im Bereich der erneuerbaren Energien. Martin Hundhausen, Professor mit Vertiefung Halbleiterphysik. Lu Yen Roloff, Beraterin und Organizerin für kommunalen Klimaschutz sowie Mitgründerin des Strategienetzwerk Klima. Katja Diehl, Mobilitätsexpertin und preisgekrönte Bestsellerautorin.